Geisenhausen
Caro auf der Walz

Eine junge Schneiderin bereist die Welt

09.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:42 Uhr

Die 25-jährige Caro aus Dresden ist derzeit als Wandergesellin in Bayern unterwegs. - Foto: Schmid

Geisenhausen (PK) Knorriger Wanderstab, Rucksack, Schlaghose sowie Weste und Jacke aus Cord - oft sieht man sie nicht mehr, die Handwerksgesellen auf der Walz. Und noch seltener: Handwerksgesellinnen wie Caro, die auf ihren Reisen jüngst auch einmal quer durch den Landkreis gereist ist.

Die Farbe der Kluft variiert je nach Berufsgruppe, so haben die Maurer und Steinmetze eine sandfarbene oder graue Kluft, die Holzberufe eine schwarze, die Metallbauer eine blaue und die Schneider eine rote. Ja, auch Schneider oder besser gesagt auch Schneiderinnen können auf die Walz gehen! Und genauso einer konnte man auf ihrem Weg durch die Region begegnen: Caro M., Schneiderin auf der Walz. Das Rasthaus Holledau, wo wir sie zufällig trafen, war nur ein kurzer Zwischenstopp auf ihrem Weg nach Walpersdorf bei Glonn. Dort trifft sie einen Schmied, der am Wochenende seinen Abschied feiert, ehe er selbst auf Walz geht. Was früher zur Zulassung zur Meisterprüfung vorausgesetzt wurde, stellt heute eher eine Ausnahme dar. Die Walz, Wanderjahre oder Tippelei, wie die Wanderschaft der Handwerksgesellen auch genannt wird, ist eine uralte Tradition, die über viele Jahre eher in Vergessenheit geraten war, zuletzt aber wieder beliebter wird.

Die Walz soll zwar vorwiegend dem Sammeln von neuen Arbeitspraktiken dienen, aber insbesondere durch das Bereisen fremder Regionen und Länder unter strengen Regeln verspricht sich nicht nur Caro vor allem Lebenserfahrung. Diese Regeln besagen, dass sich ein Fremdgeschriebener, so die offizielle Bezeichnung, drei Jahre und einen Tag seinem Heimatort nicht näher als 50 Kilometer nähern darf. Trampen ist erlaubt, öffentliche Verkehrsmittel sollten vermieden werden. Außer der Kluft sollte nur Werkzeug, das Wanderbuch, in dem Städtesiegel von ihren besuchten Orten gesammelt werden, sowie Unterwäsche zum Wechseln im Rucksack sein. Im ersten Jahr darf nur der deutschsprachige Raum (Deutschland, Schweiz Österreich) bereist werden, in den zwei weiteren Jahren kann man auch in ferne Länder reisen.

Caro dürfte die Grenzen also schon überschreiten, sie ist nämlich bereits seit anderthalb Jahren unterwegs. Die 25-jährige Dresdnerin wollte ursprünglich nach ihrem Abitur Kostümbildnerin werden. Als sie jedoch während ihres Praktikums in einem Kostümfundus die Kostümbildner in Aktion erlebte, musste sie feststellen, dass sich ihre Vorstellungen nicht mit der Realität deckten. "Ich bin weniger der kreative als vielmehr der praktische Typ", erzählt die junge Schneiderin. "Sag mir, was ich nähen soll, und ich mach's!" Für die Wanderjahre ist das natürlich eine gute Einstellung. "Das Schneidern und vor allem die Walz passt da gut zu meinem Wesen", erzählt die 25-Jährige. "Außerdem finde ich schön, dass man immer sehr viele interessante Menschen kennenlernt", schwärmt sie und erzählt, dass sie von dem Schmied direkt nach Sigmaringen weiterbrausen will. Dort trifft sie eine Tischlerin, die sie eine Woche bei der Walz begleiten möchte. Außerdem will sie der neuen Wandergesellin bei den Vorbereitungen dazu helfen und ihr Tipps gibt.