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Deutschland Bundestagswahl 2013

Die Anti-Euro-Kampagne der Freien Wähler

Aiwanger, Pauli Aiwanger, Pauli
Da war sie noch Kandidatin: Gabriele Pauli (r.) mit dem bayerischen Landesvorsitzenden der Freien Wähler, Hubert Aiwanger. Inzwischen schließt Aiwanger ein Engagement Paulis für di...e Partei aus
Quelle: DAPD
Mit einer populistischen Kampagne und prominenter Unterstützung wollen die Freien Wähler bei der Bundestagswahl 2013 antreten. Die CSU sieht das als Kampfansage – und reagiert mit harscher Kritik.

Die Geister, die er rief: Dem Chef der bayerischen Freien Wähler und Bundesvorsitzenden Hubert Aiwanger ging vor einer Woche ein Brief zu. Absender war Gabriele Pauli, Ex-Freie, Ex-CSU-Frau, gescheiterte Parteigründerin, Stoiber-Bezwingerin.

Aiwanger und Pauli, das war das Gespann, mit dem die Freien Wähler 2008 in Bayern mit 10,2 Prozent den Einzug in den Landtag schafften. Ein Jahr danach überwarfen sich beide, Pauli wurde aus der Fraktion geworfen. Grund war auch, dass sie die Freien in die Bundestagswahl führen wollte, was Aiwanger ablehnte. 

Nun will er genau dies 2013 tun – und Pauli wäre gerne wieder mit dabei. "Ich bin keine Einzelkämpferin", schreibt sie in dem Brief, der "Welt Online" vorliegt. Sie wolle wieder in die Fraktion eintreten. Und: "Ich kann mir vorstellen, mich auf Bundesebene für die Freien Wähler zu engagieren."

Für Aiwanger eine Drohung. "Eine Aufnahme Paulis machen meine Leute nicht mit. Wir sind ohne Pauli sicher erfolgreicher als mit ihr", sagte er "Welt Online". Gleich nach Eingang ihres Gesuchs ließ er die Fraktion abstimmen. Drei waren für sie, drei enthielten sich, 13 lehnten ab. "Das war kein demokratisches Verfahren", kritisiert Pauli, sie sei nicht gehört worden.

Henkel als prominentes Aushängeschild

Um ihren Wunsch zu untermauern, hat sie das Schreiben vor Pfingsten an die Bezirksvorsitzenden geschickt. Zudem will sie Fakten schaffen, wie sie dieser Zeitung sagte: "Am 16. Juni treffen sich die Freien Wähler in Geiselwind, um über eine Kandidatur bei der Bundestagswahl zu entscheiden. Ich will dann in die Bundespartei eintreten. Das kann mir niemand verbieten."

Aiwanger schreckt Paulis immer noch hohe Bekanntheit. Das hat wohl auch persönliche Gründe. Er selbst wurde von eigenen Leuten schon als "Egomane" bezeichnet. Umso überraschender, dass er sich für die Bundespolitik einen holt, der ebenfalls nicht eben als bescheidene Natur bekannt ist: den ehemaligen BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel.

Er soll der Partei die Bekanntheitswerte eintragen, die sich Aiwanger selbst offenbar nicht zutraut. Doch Henkel ist nicht allen zu vermitteln. "Ich sehe ihn nicht euphorisch. Das ist eine umstrittene Person", sagt etwa Bernd Gerber, Vorsitzender des sächsischen Landesverbands, der grundsätzlich die Bewerbung bei der Bundestagswahl unterstützt.

Aiwanger selbst fallen im Zusammenhang mit Henkel Adjektive wie "umgänglich, berechenbar, zuverlässig, solide" ein. "Er wird uns keinen Ärger machen." Schon kündigt er an, weitere Prominente zu gewinnen. Neben Henkel will bisher der Adenauer-Enkel Stephan Werhahn die Freien unterstützen.

Starker Gegenwind aus Baden-Württemberg

Die stärksten Gegner von Aiwangers Plänen sitzen in Baden-Württemberg. Dort stellen die Freien Wähler ähnlich wie in Bayern viele Bürgermeister, Landräte, Kommunalpolitiker. Die Gruppierung ist etabliert und als kommunale Kraft hoch angesehen. Dies will der Landesverband nicht aufs Spiel setzen.

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"Von den Berlin-Ambitionen halten wir nichts", sagt Gerhard Bühler, Vizevorsitzender im Land. Der Verband ist 2009 bereits aus der Bundesorganisation ausgetreten. Er wehrt sich sogar, dass bei der Wahl der Name Freie Wähler verwendet wird.

Nach einer Parteigründung, die für die Bundestagswahl notwendig wird, müsse sich die neue Kraft umbenennen. Bühler ist überzeugt, dass es gar kein geeignetes Personal für die Bundesebene gebe. "Das kann auch ein Hans-Olaf Henkel nicht ausgleichen."

"Uns treibt die Sorge um die Währung um"

Mit Henkel als Identifikationsfigur will Aiwanger einen strikten Anti-Euro-Kurs fahren. "In der bürgerlichen Mitte gibt es ein Vakuum. Uns treibt die Sorge um die Währung um. Wir sehen das System der BRD in Gefahr, wenn wir all das bezahlen müssen, was Schwarz-Gelb momentan mit den Rettungsschirmen an Verpflichtungen eingeht."

Den Vorwurf, dass er keine ausgewiesenen Europa-Experten in seinen Reihen habe, kontert er unwirsch: "Andere Parteien haben auch nicht mehr zu bieten. Der gesunde Menschenverstand der Freien Wähler ist am Ende erfolgreicher als selbst ernannte Experten, die den ESM für alternativlos halten."

Kampfansage an die CSU

Für die CSU sind Aiwangers Ankündigungen eine Kampfansage. Lange sah es so aus, als würden die Christsozialen mit den Freien Wählern als potenziellem Koalitionspartner für 2013 spekulieren. Immerhin waren viele früher CSU-Anhänger. Beide bauen auf eine ländliche, mittelständische Basis. Doch die CSU will nicht mehr kuscheln.

Noch bevor Aiwanger über den Sprung auf die Bundesebene abstimmen hat lassen, erklärt sie das Experiment für beendet. "Aiwanger sollte sich ehrlich eingestehen, dass sein Ausflug in die Bundespolitik gescheitert ist", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt "Welt Online".

Dobrindt verweist auf die Ergebnisse bei den Wahlen in Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Schleswig-Holstein – nirgendwo erreichte die Gruppierung über ein Prozent. "Das sind auch Aiwangers persönliche Niederlagen. Bei allein 16 Wahlkampfauftritten von ihm in NRW sind die 0,2 Prozent bei der Landtagswahl wie ein Scherbengericht", sagt Dobrindt. Die Menschen wollten Aiwanger nicht, und auch seine eigene Partei wolle ihn immer weniger.

"Reste-Ecke für Politik-Irrläufer"

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Tatsächlich trat im Januar der Vorstand der Jungen Freien Wähler in Bayern zurück, weil er die Umstrukturierung zu einer Partei nicht mitmachen wollte. Auch Bundesgeschäftsführerin Cordula Breitenfellner ging im März von der Fahne, ebenso wie Justiziar Bernd Richter. Ungemach droht auch bei der Bundesversammlung im Juni. Dem Vernehmen nach gibt es Anträge, die einen Rücktritt Aiwangers fordern.

Dobrindt hält das neue Personal, allen voran Henkel, für ungeeignet. "Früher war es die Pauli, jetzt ist es der Henkel – Aiwanger macht die Freien Wähler zur Reste-Ecke für Politik-Irrläufer." Die Freien seien zu einer billigen Protestpartei ohne eigene Prinzipien und Überzeugungen verkümmert. "Wer so peinliche Galionsfiguren wie Herrn Henkel anheuert, der will nur noch im trüben Protest-Teich nach Stimmen fischen."

Dieser Vorwurf trifft Aiwanger nicht. Er setzt auf das Protest-Potenzial. Dass das funktioniert, sieht er bei den Piraten, deren Erfolg er argwöhnisch beäugt: "Ich bin durchaus neidisch auf das Medieninteresse an den Piraten. Wir wurden nach unserem Einzug in den Landtag nicht in alle Talkshows eingeladen."

Wie die Piraten zu einer politischen Kraft wurden, dazu hat er eine ganz eigene Theorie: "Ich halte den Erfolg der Piraten für gezielt gesteuert. Die Computerbranche und gewisse Hintermänner stehen dahinter, um damit die Branche zu bewerben. Vielleicht ist die Rückkehr von Gabriele Pauli ja von der Piratenpartei gesteuert!

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